Achtung Asbest!

Jahrzehntelang galt Asbest als das Material der tausend Möglichkeiten, da er wie keine andere Faser für viele technische Produkte optimale Eigenschaften besitzt.

Asbesthaltige Produkte wurden unter anderem eingesetzt als Platten, Matten oder Formmassen für den Brandschutz und die Wärmeisolation, als Brems- und Kupplungsbeläge im Fahrzeugbau sowie als Dichtungen bei hohen thermischen oder chemischen Beanspruchungen. Obschon seit 1990 verboten, findet man auch heute noch in vielen älteren Häusern Asbest, z.B. in Form von Fassadenverkleidungen, Schaltgerätekombinationen (SGK), Dacheindeckungen, Wand- und Bodenbelägen, in Platten hinter Elektroinstallationen, als Rohrisolationen oder in Blumenkisten.

Gesundheitsrisiko

Asbest ist dann gefährlich, wenn er eingeatmet wird. Bereits geringe Konzentrationen von Asbeststaub in der Luft können die Entstehung von Lungenkrankheiten wie Pleuraplaque, Asbestose, Lungenkrebs oder Mesotheliom (ein Krebs des Brust- oder Bauchfelles) fördern. Allen asbestbedingten Krankheiten gemeinsam ist ihre lange Latenzzeit. Diese beträgt in der Regel zwischen 15 und 45 Jahren ab Expositionsbeginn. Zurzeit werden von der Suva pro Jahr rund 70 Erkrankungen anerkannt. Die Zahl stieg seit Mitte der 1970er Jahre laufend an. Bisher ist noch kein Rückgang seit dem Ergreifen von verschiedenen Massnahmen zur Reduktion der Staubbelastung zu erkennen. Wird vermutet, dass eine Erkrankung ihren Ursprung in einer beruflichen Tätigkeit mit asbesthaltigem Material haben könnte, so soll der behandelnde Arzt oder der betroffene Patient die Erkrankung der Unfallversicherung des aktuellen oder letzten Arbeitgebers melden (auch wenn die betroffene Person bereits pensioniert ist).

Arbeitnehmende, die Asbestsanierungen vornehmen, sind einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Deshalb gelten für den Umgang mit Spritzasbest und anderen schwachgebundenen asbesthaltigen Materialien erhöhte Schutzvorschriften. Diese sind in der Richtlinie der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS-Richtlinie Nr. 6503) geregelt. Gemäss Art. 82 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG, SR 832.20) ist der Arbeitgeber verpflichtet, zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den gegebenen Verhältnissen angemessen sind. Anderseits sind auch die Arbeitnehmende verpflichtet, den Arbeitgeber in der Durchführung der Vorschriften über die Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten zu unterstützen. Sie müssen insbesondere persönliche Schutzausrüstungen benützen, die Sicherheitseinrichtungen richtig gebrauchen und dürfen diese ohne Erlaubnis des Arbeitgebers weder entfernen noch ändern.

Grundsätzlich ist bei einer Verunreinigung durch Asbest der Unternehmer gemäss Art. 41 OR haftbar. Wer einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird zu Schadenersatz verpflichtet. Verursachen die Arbeitnehmer bei Bauarbeiten einen Schaden, wird der Unternehmer gem. Art. 55, Abs. 1 OR gegenüber dem Bauherrn haftbar. Der Unternehmer kann sich nur von der Haftung befreien, wenn er nachweist, dass er alle den Umständen nach gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu vermeiden, oder dass der Schaden trotz dieser Sorgfalt eingetreten wäre. Die Haftung ist besonders zu beachten, da verschiedene Haftpflichtversicherer eine Leistungspflicht bei Schäden mit Asbest ausschliessen. Es ist deshalb wichtig, bereits bei Vertragsabschluss eine Haftung bei durch Asbest verursachten Schäden gegenüber dem Bauherrn auszuschliessen.

Asbesthaltige Produkte

Der Produktionszeitpunkt oder die Einbauzeit und die Art des Produkts können Hinweise auf das Vorhandensein asbesthaltiger Bauprodukte liefern. Bei Asbestverdacht ist vor allem Vorsicht und Bedacht am Platz. Wer eigenhändig asbesthaltige Materialien herausreisst, kann sehr viele Asbestfasern freisetzen, die ihn und seine Mitmenschen einem hohen Gesundheitsrisiko aussetzen. Laut Bauarbeitenverordnung (Art. 3 Abs. 1) muss deshalb bei Asbestverdacht eine nach Vorschrift entnommene Probe in einem spezialisierten Labor analysiert werden, um abzuklären, ob verdächtige Baumaterialen Asbest enthalten. Eine Liste dieser Labors befindet sich auf der Webseite der Suva.

Altprodukte aus Asbestzement

Messungen des Bundesamt für Umwelt BAFU und weiterer Forschungsstellen bestätigen, dass von verbauten Asbestzementprodukten keine Umweltbelastung ausgeht. So können Asbestzementprodukte wie alte Dach- und Fassadenschiefer, Wellplatten, Fassadenplatten oder Rohre aus Asbestzement bis zum Ende der normalen Gebrauchsdauer ohne Gefahr für Mensch und Umwelt weiter genutzt werden. Asbestzement darf nicht mechanisch bearbeitet werden (sägen, bohren, schleifen), da dadurch Staub und somit Asbestfasern freigesetzt werden können. Asbestzementprodukte sind nicht wiederzuverwenden. Eine solche Wiederverwendung wäre fast zwangsläufig mit einer Staub freisetzenden Bearbeitung verbunden, was potenziell gefährlich und verboten ist. Der Handel mit Asbestzement ist gesetzlich verboten.

Alte Pical-Platten

Bis 1984 wurden asbesthaltige Pical-Brandschutzplatten hergestellt. Diese Asbestleichtbauplatten haben eine andere Zusammensetzung und andere Eigenschaften als Asbestzementplatten. Pical-Platten enthalten leichtgebundenen Asbest. Sie dürfen nicht mechanisch bearbeitet und auch generell keinen mechanischen Belastungen ausgesetzt werden, um Asbestemissionen zu vermeiden. Falls Pical-Platten entfernt werden müssen, muss dies gemäss EKAS-Richtlinie Nr. 6503 (Richtlinie Nr. 6503 der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit) durch von der Suva anerkannte Fachleute erfolgen, um Belastungen durch Staubemissionen während des Rückbaus zu vermeiden. Diese Fachleute können generell zugezogen werden, um die Asbesthaltigkeit von Bauprodukten und den richtigen Umgang mit ihnen abzuklären. Asbestleichtbauplatten (leichte, asbesthaltige Platten) waren zum Schutz vor Bränden teils vorgeschrieben und sind deshalb stark verbreitet. Die Anwendungsbereiche waren:

Gebäude

  • Verkleidungen für Brandschutztüren, Heizkörpernischen, Fensterbrettuntersichten
  • Wandverkleidungen, insbesondere für Brandschutzwände
  • Schürzenverkleidung bei Brandschutzwänden
  • Leichtbau-Ständerwände und Elementtrennwand-Systeme
  • Verkleidungen von Treppen- und Deckenuntersichten
  • abgehängte Deckenflächen

Installationen, Betriebstechnik

  • Einhausungen in der Raumlufttechnik (z.B. Ventilatoren)
  • Belüftungs- und Entlüftungskanäle, Entrauchungskanäle
  • Feuerschutzklappen
  • Abdeckung von Kabelkanälen, Kabeltrassen, Kabelschächten
  • Platteneinlagen in Kabinen von Liftanlagen
  • im Bereich von Heizkesseln
  • Dämmung und Auskleidung von Nachtstrom-Speicheröfen

Elektroinstallationen, Beleuchtung

  • Hinterlagen bzw. Auskleidungen von Einbauteilen bei Elektroinstallationen
  • Hinterlagen, Unterlagen und Einhausungen von Leuchten
  • Elektrospeicherheizungen

Elektrospeicherheizungen

Ältere Elektrospeicherheizgeräte können Asbest enthalten. Dabei ist weniger der Betrieb dieser Geräte gefährlich, als das Öffnen zur Reparatur oder die Zerlegung in Einzelteile zur leichteren Entfernung. Betroffen sind die meisten Elektrospeicherheizgeräte bis Jahrgang 1977 und einzelne Fabrikate bis zum Baujahr 1984. Die asbesthaltigen Bauteile enthalten schwach gebundenen Asbest, dessen Fasern bereits bei Erschütterungen an die Umgebung abgegeben werden können. In einigen Geräten sind lediglich asbesthaltige Kleinteile wie z.B. Dichtungsringe vorhanden. Andere Typen können grossflächige Platten als Dämmungen enthalten. Darüber hinaus findet sich häufig schwach gebundener Asbest im Umfeld des Heizgeräts, beispielsweise als Unterlagsplatten oder Asbest-Pappe zum Wärme- und Brandschutz an der Wand. Auch wenn das Risiko durch den Betrieb asbesthaltiger Speicherheizgeräte als gering einzuschätzen ist, empfehlen das BAG und die Suva, die Geräte entfernen bzw. ersetzen zu lassen. Asbesthaltige Speicherheizungen oder Speicherheizungen, bei denen man nicht sicher ist, ob sie Asbest enthalten, dürfen keinesfalls selbst repariert oder demontiert werden. Die Demontage asbesthaltiger Elektrospeicherheizungen muss durch eine Spezialfirma erfolgen. Dasselbe gilt für Reparaturen.

Elektroschaltanlagen

Bei der Bearbeitung gilt es, zwei Aspekten Rechnung zu tragen. So sind der Schutz der Arbeitnehmenden und der Öffentlichkeit (im Fall der Elektriker der Kunde) sicherzustellen. Für diese beiden Gruppierungen gelten unterschiedliche Grenzwerte. Für den Schutz der Arbeitnehmenden gilt der MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) von 10'000 lungengängigen Arbeitsfasern (LAF) pro Kubikmeter Luft. Für die Öffentlichkeit gilt der Wert von 1'000 LAF/m³. Die SUVA hat beim Bearbeiten (Auswechseln von Zählern) und beim Ersetzen (Ausbauen) von asbesthaltigen Eternitplatten Messungen durchgeführt. Die Werte lagen deutlich über dem MAK-Wert und den 1'000 LAF/m³. Dies bedeutet, dass Massnahmen ergriffen werden müssen, um eine Kontamination des Gebäudes und eine hohe Belastung der Arbeitnehmer zu verhindern. Bohren, sägen, schleifen und Tätigkeiten dieser Art sind zu unterlassen.

Massnahmen

Folgende Massnahmen müssen getroffen werden:

1. Da Asbest krebserzeugend ist, gilt es, nicht nur den Grenzwert einzuhalten, sondern zu versuchen, diesen deutlich zu unterschreiten. Dies wird erreicht, indem die Arbeitnehmenden bei diesen Arbeiten Schutzmasken des Typs P3 tragen. Diese Schutzmasken sind den Arbeitnehmern kostenlos zur Verfügung zu stellen. Sie werden beispielsweise von 3M (Atemschutzmaske 8835 FFLPJ oder G332 FFP3) hergestellt und sind bei Elektrogrossisten oder bei diversen spezialisierten Firmen erhältlich.

2. Die Ausbreitung des Staubes ist an der Quelle zu verhindern. Am besten wird dies unter Zuhilfenahme eines Industriesaugers mit H-Filter (Staubklasse H gemäss EN 60335-2-69, mit Zusatzanforderung Asbest) erreicht. Es dürfen keine handelsüblichen Hausstaubsauger verwendet werden, da diese den feinen Staub wieder in die Luft blasen. Auch Nässen und Befeuchten helfen, die Staubmenge zu reduzieren bzw. den Staub zu binden.

3. Handelt es sich bei den Platten in den Elektroverteilkästen nicht um festgebundenen Asbest wie bei den Eternitplatten, sondern um schwachgebundenen wie bei den Pical-Platten, so darf nichts daran gemacht werden. In diesem Fall muss eine spezialisierte Firma beigezogen werden, die diese fachgerecht entsorgt. Elektroinstallateure dürfen einen einzelnen SGK mit schwachgebundenem Asbest mit einer Fläche von <= 0,5 m² nur demontieren, wenn sie die durch die SUVA und EIT.swiss angebotene Ausbildung absolviert haben und die Demontage ohne Zerstörung des SGK möglich ist.

4. Die Mitarbeitenden müssen über das Vorgehen instruiert werden, am besten wird eine schriftliche Arbeitsanweisung abgegeben. Bei der Instruktion kann das Merkblatt «Asbest erkennen – richtig handeln» behilflich sein.

5. Die Entsorgung von ausgebautem asbesthaltigem Material hat nach den Bestimmungen der kantonalen Behörden zu erfolgen.

Sanierung

Sanierungsbedarf besteht, wenn von asbesthaltigen Materialien ein gesundheitliches Risiko ausgeht. Die Dringlichkeit der Sanierung hängt von verschiedenen Parametern ab. Grosse Dringlichkeit besteht bei allen Formen von schwach gebundenem Asbest, vor allem bei Spritzasbest, weil dort am leichtesten Fasern freigesetzt werden. Zu untersuchen ist auch, ob die Oberfläche des Materials Beschädigungen aufweist, ob physikalische oder mechanische Beanspruchungen auftreten und inwieweit das asbesthaltige Material Personen direkt oder indirekt zugänglich ist. Selbstverständlich spielt auch die Raumnutzung eine wichtige Rolle. Regelmässig benutzte Räume haben einen höheren Sanierungsbedarf als nur selten benutzte. Die Sanierung von Asbestaltlasten ist in der EKAS-Richtlinie Nr. 6503 geregelt und darf nur von Spezialfirmen durchgeführt werden, welche über Fachpersonal mit dem nötigen Fachwissen verfügen. Diese sind zudem verpflichtet, Sanierungen von schwach gebundenem Asbest der Suva zu melden. Die Richtlinie schreibt auch Schutzmassnahmen wie das Tragen von Atemschutzgeräten, Schutzanzügen und die Abschottung des Sanierungsplatzes und das Aufstellen von Warntafeln vor. Die erfolgreiche Sanierung von schwach gebundenem Asbest ist durch eine abschliessende Kontrollmessung zu belegen.

Bei fest gebundenem Asbest ist die Sanierung weniger aufwendig. Die Factsheets der Suva Nr. 33036.d «Sanierung von asbesthaltigen Leichtbauplatten durch anerkannte Firmen» und Nr. 33031.d «Entfernen von asbesthaltigen Faserzementplatten im Freien» informieren über die korrekte Vorgehensweise. Wichtig ist, jegliche Staubentwicklung zu vermeiden.

Entsorgung

Für Arbeiten, bei denen erhebliche Mengen gesundheitsgefährdender Asbestfasern freigesetzt werden können, brauchen Sie ein von der Suva anerkanntes Asbestsanierungsunternehmen. Nur solche Firmen verfügen über die erforderlichen Kenntnisse und die Ausrüstung, damit bei der Entfernung von Asbest niemand gefährdet wird. Die Suva hat geeignete Partnerunternehmen in einem eigenen Verzeichnis zusammengestellt.